Liba 2019

Der unscheinbare Ort Liba im nördlichen Fichtelgebirge, in den man mit dem Bus über die E 48 gelangt, ist andererseits über einen einstündigen Fußmarsch von Hohenberg aus zu erreichen oder über die Hammermühle, wo sich ein Grenzübergang für Wanderer befindet. Er liegt mitten im Grenzland zwischen Tschechien und der Bundesrepublik und hat eine bis ins 13. Jahrhundert zurückreichende Geschichte, die nicht nur glückliche Momente kennt. Während des Krieges bzw. seit dem Einmarsch der Deutschen gab es wohl vorwiegend tragische Begebenheiten zu berichten, da in dem Ort vor allem Sozialdemokraten lebten, die eine Reihe von Schikanen erleiden mussten.

Eine große Verhaftungswelle fand im Herbst 1938 statt, von welcher zahlreiches unausgewertetes Quellenmaterial existiert. Sich mit diesen Quellen auseinanderzusetzen, war eine Aufgabe, die Schülerinnen und Schülern des Doppler-Gymnasiums aus Prag, von der Realschule Kemnath und vom Otto-Hahn-Gymnasium gestellt wurde.

Während ihres einwöchigen Aufenthalts in Liba, genauer gesagt in der Herberge Liba Camp, gab es aber nicht nur trockenes Quellenstudium, sondern auch Wanderungen in und um Liba, eine Tagesexkursion nach Dresden und Kurzbesuche in Cheb und Marktredwitz. Einen Höhepunkt stellte der Besuch des Kriegsgräberfriedhofs in Cheb dar, wo ein Mitarbeiter zuerst die Arbeit des Volksbundes für Kriegsgräberfürsorge vorstellte und dann zur aktiven Arbeit auf dem Friedhof aufforderte. Die Jugendlichen aus beiden Ländern räumten anschließend auf dem Gräberfeld auf und nahmen kleine gärtnerische Optimierungen vor, auch Grabsteine wurden gesäubert und damit der Kriegstoten gedacht. Zum Abschluss wurden Rosen niedergelegt.

Der Zeitzeuge Rudolf Zeitler begleitete die Gruppe die ganze Woche und referierte an verschiedenen seine sehr emotionalen Erinnerungen an die Kriegszeit. Er reflektiert Situationen, die ihn als Heranwachsenden beschäftigten und die auch heute den Jugendlichen oft den Atem verschlagen.

Am letzten Abend stellten alle Gruppen ihre Ergebnisse zum Widerstand während der Zeit des Nationalsozialismus‘ vor.  Zur Präsentation erschienen auch mehrere Nachkommen von 1938 inhaftierten Sozialdemokraten, die schon am Anfang der Woche von ihren Familien berichteten.

Die Zusammenarbeit zwischen den tschechischen und deutschen Schülerinnen und Schülern war zwar sprachtechnisch bedingt nicht immer einfach, aber grundsätzlich fröhlich, offen und zielführend. Die begleitenden Lehrkräfte vom Marktredwitzer Gymnasium blicken mit Stolz auf die geleisteten Schülerarbeiten und loben besonders die Ernsthaftigkeit der Arbeitsweise und die kommunikative Freude der 9. Klässler, die sich auch mit neuen Präsentationsmöglichkeiten und alten Handschriften auseinandersetzten, ohne zu resignieren, obwohl der Papierstapel manchmal endlos erschien. Die gemeinsamen Erlebnisse der Gruppe haben alle zusammengebracht und kleine kulturelle und sprachliche Unterschiede wettgemacht.