Stellungnahme der Schulleitung zum Presseartikel vom 02.04.

Mit großer Enttäuschung nehme ich zur Kenntnis, dass die Arbeit unserer Schule, die nach Ansicht fast aller Mitglieder der Schulfamilie ihre Arbeit hervorragend gemacht hat, in der Presse herabgesetzt und schlecht gemacht wird. Das hat unsere Schule und ihr überaus engagiertes Personal nicht verdient. Wir haben den Eindruck, dass hier Einzelfälle zu einem großen Spektakel hochgeschrieben wurden. Eigentlich sollte es allen Mitgliedern der Schulfamilie ein selbstverständliches Anliegen sein, unsere wirklich gute Schule in der Außendarstellung nicht herabzusetzen. Probleme, die es an jeder Schule gibt, sollte man intern regeln, dafür gibt es ja die verschiedenen Gremien innerhalb der Schule. Umso bedauerlicher ist es, dass vorher keinerlei Rücksprache mit der Schulleitung genommen wurde. Bis dahin erreichten mich meist positive Nachrichten der Eltern sowie Kolleg*innen und kleinere Problemmeldungen, die sich schnell abstellen ließen. Besonders unangebracht fand ich, dass unserer Schule, ohne jede weitere Prüfung, Hof und Selb als „Vorbilder“ hingestellt wurden, was jeder sachlichen Grundlage entbehrt. Ein bisschen Hintergrundrecherche, ein wenig kritisches Zeitungslesen und ggf. eine Rücksprache am OHG hätten gereicht, um die Zeitungsartikel richtig einordnen und bewerten zu können. Die Vorschläge, die Herr Biersack und Herr Kopp hier einbringen, sind aus vielerlei Gründen nicht umsetzbar und zeigen, dass auch Schule ein professionelles Geschäft ist, bei dem man sich auf die Expertise der Profis verlassen kann und sollte. Ich zitiere Ihnen dazu die Stellungnahme des Systembetreuers am OHG, Dr. Thomas Schmidt, der zu der Problematik Folgendes ausführt, übrigens in Übereinstimmung mit bisher allen Stellungnahmen, die mich aus dem Kollegium erreicht haben:

 

“ Ich bezweifle massiv, dass der erforderliche Aufwand für die Einführung einer für alle Schülerinnen und Schüler verbindlichen Videokonferenzlösung für den Unterricht am OHG nur im Ansatz den damit erreichbaren didaktischen Mehrwert rechtfertigt. Letztlich geht es doch auch bei Videokonferenzlösungen um den Informationsaustausch. Eine Videokonferenz ist eine Möglichkeit des Informationsaustausches – ein Medium – nicht mehr und nicht weniger. Herr Biersack und der Elternbeirat schreiben diesem Medium die zentrale Bedeutung in der jetzigen Situation zu. Ohne dieses Medium, flächendeckend eingesetzt, scheint es nicht zu gehen. Auf welcher Grundlage kommen sie zu dieser Einschätzung? Im Idealfall hat dieses Medium unbestreitbare Vorzüge gegenüber anderen Medien: Direkte Interaktion zwischen Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern, direkte Interaktion zwischen Schülerinnen und Schülern untereinander, schnelle Nachfragen – kurz: unterrichtsähnliche Situation.Ich befürchte, dass wir diesem Idealzustand in der aktuellen Situation nicht nahe genug kommen können. Das gilt für alle Ebenen: Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte, Technik an der Schule, Technik daheim, … Sollte ein Glied in dieser Kette nicht „funktionieren“, wird sich ganz schnell Frustration einstellen. Dann dominiert das Medium den Inhalt. Das wird meiner Einschätzung nach sicher eintreten, wenn man versucht, eine „flächendeckende“ Lösung zu etablieren. Es geht also um den Informationsaustausch – nicht um das Medium! Dieser Informationsaustausch hat sich in den letzten drei Wochen – wie ich finde hervorragend – eingespielt. Schülerinnen und Schüler erhalten zuverlässig Arbeitsmaterial, reichen ihre Arbeiten ein und bekommen schnell individuelle Rückmeldungen, auch am Wochenende. Die Kolleginnen und Kollegen haben in den letzten drei Wochen individuelle Möglichkeiten gefunden, mit ihren Klassen und einzelnen Schülern zu „interagieren“. Manche Lehrkräfte nutzen aber auch Videolösungen. Das tun sie, weil sie für sich und ihre Schülerinnen und Schüler einen echten Mehrwert sehen, weil für sie das Medium nicht den Inhalt dominiert, weil sie die technischen Unwägbarkeiten halbwegs im Griff haben. Für diese Lehrkräfte ist der Einsatz dieses Mediums eine Option, was im Umkehrschluss nichts über die Qualität des Unterrichts von Lehrkräften aussagt, die diese Option in der gegenwärtigen Situation nicht haben. Der Inhalt zählt, nicht das Medium! Ich halte es für sinnvoll, wenn wir uns in diesem Sinne individuell weiterentwickeln. Jede Kollegin und jeder Kollege soll sich prüfen (und tut es sicher ohnehin schon), ob ein neues Medium im Hinblick auf die eigenen Fähigkeiten/Möglichkeiten und die Fähigkeiten/Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler einen echten inhaltlichen Mehrwert darstellt. Sollten Kolleginnen und Kollegen Unterstützung brauchen, stehe ich selbstverständlich zur Verfügung.Auch ich werde prüfen, ob Videokonferenzlösungen für mich und meine Klassen (so wie ich sie kenne) eine Ergänzung darstellen können. Mit allen Bauchschmerzen beim Datenschutz. Auch MEBIS werde ich mir persönlich nochmal anschauen. Das Allheilmittel „Videokonferenz“ für alle ist eine Illusion, der individuelle Einsatz eine Option.“

 

 

Abschließend meine Bitten:

 

  1. Diese Krise ist für uns alle wirklich neu, wie die stellv. Vorsitzende des EB ja in ihrem Statement ausgeführt hat, und verlangt uns allen Mehrarbeit teilweise bis zur Belastungsgrenze ab, den Lehrer*innen, die über Nacht eine ganz andere Form der Informationsvermittlung und Feed-Back-Kultur auf die Beine stellen müssen (ich spreche hier bewusst nicht von Unterricht, denn alles, was wir zur Zeit machen, kann nur ein „Provisorium“ sein – seltsam, dass uns das auch noch angekreidet wurde), der Schulleitung, die die Schule unter ganz neuen Bedingungen führen, organisieren und zusammenhalten muss, den Eltern, die neben dem „Home Office“ jetzt auch noch Tag und Nacht ihre Kinder um sich haben und den Kindern, denen die neue Situation sicherlich auch zu schaffen macht. Deshalb sollten wir
  2. uns nicht noch gegenseitig mit Vorwürfen und halbgaren Handlungsanweisungen überziehen. Dazu gehört sicherlich auch das vertrauensvolle Miteinander, das eben nicht darin bestehen kann, dass man gleich zur Presse und zum Landrat läuft, sondern dass man erst einmal mit der betroffenen Lehrkraft spricht und erst dann mit der Schulleitung und ggf. übergeordneten Gremien.
  3. Haben Sie bitte Vertrauen! Kollegium und Schulleitung arbeiten professionell zum Wohle Ihrer Kinder. Kleine und und auch große Probleme können wir gemeinsam meistern! Wo wir etwas nicht sehen, weisen Sie uns bitte darauf hin. Aber bitte vertrauen Sie uns auch, dass wir wissen, was wir tun, dass wir selber Zeitung lesen können und als Vollprofis nicht auf jeden Zuruf von außen sofort reagieren können und wollen. Schule unterliegt ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten und Vieles davon bedarf der Organisation und der langfristigen Planung. Der Umgang mit Schmähungen und Herabsetzungen von der Seitenlinie kostet Zeit, die wir lieber in unsere Unterrichtsarbeit und unsere Schüler*innen investieren möchten.

 

Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund!

Ihr

 

Stefan Niedermeier M.A.
Oberstudiendirektor
Schulleiter am Otto-Hahn-Gymnasium Marktredwitz
stniedermeier@ohg-marktredwitz.de