Achtsamkeit als Schulfach

Nach den letzten zwei Jahren der Corona-Pandemie mit wenig sozialer Interaktion sind vermehrt depressive Verstimmungen bei Schülerinnen und Schülern zu beobachten. Die Fortführung der seit letztem Herbst bestehenden Zusammenarbeit des P-Seminars Biologie in der Jahrgangsstufe 11 mit Elke Seidel, Gesundheitsmanagerin in Bad Alexandersbad, halfen jedoch, einen kühlen Kopf zu bewahren. Nachdem unser Leben nun endlich wieder Fahrt aufgenommen hat, lassen uns viele private sowie schulische Verpflichtungen unsere persönliche Belastungsgrenze spüren. Im Einstiegsvortrag „Eine Frage des Stils“ fanden sich viele Anregungen, wie man durch einen gesünderen Lebensstil sein Wohlbefinden, die persönliche Motivation und Zufriedenheit stärkt. Die Basis bilden dabei die Säulen „Ernährung – Bewegung – Stressmanagement“, die uns einen passenden Leitfaden für unsere weitere Projektarbeit zeigten.

Die folgenden Module „Achtsamkeit“ und „Resilienz“ enthielten neben dem theoretischen Basiswissen viele konkrete Übungen, angefangen bei einer Entspannungsreise als „Bodyscan“, über die bewusste Wahrnehmung einer Muschelschale mit allen Sinnen bis hin zur Gehmeditation im verlangsamten Tempo über den Schulhof. In den folgenden Impressionen wird deutlich, wie sich die 15 Schülerinnen des P-Seminars „Stress lass nach…“ der Q11 am Otto-Hahn Gymnasium auf die neuen Erfahrungen voll und ganz eingelassen haben.

So war die Aussage einer Schülerin nach der 20-minütigen „Reise durch den Körper“: „Super entspannend, nach einem langen Schultag…. an der frischen Luft auf der Wiese zu liegen.“ Gemeinsam einen Stift zu führen, stärkt die Konzentrationsfähigkeit und das Miteinander: „Man musste den anderen genau beobachten und sich aufeinander einstellen. Die Stimmung in der Gruppe verbesserte sich deutlich.“

Die Gehmeditation stieß anfänglich auf Skepsis: „Es ist schon seltsam, im Schneckentempo über das Gras zu schleichen, aber am Ende war man ganz bei sich selbst.“

Ein weiterer Ansatz der „Achtsamkeit“ ist es, alltägliche Situationen aus einer ungewohnten Perspektive heraus neu zu entdecken. So lassen sich stressige Routinen möglicherweise auflösen. Im gewohnten Umfeld der Schulaula schauten wir, wie auf dem Bild zu sehen, aus verschiedenen Blickwinkeln in den Raum.

Die kontinuierliche über das Schuljahr verteilte Zusammenarbeit mit Elke Seidel hat sich sehr gelohnt, da sie immer wieder positive Impulse im Alltag setzte.

Im abschließenden Modul „Resilienz“ ging es vor allem um Bewältigungsstrategien in Krisensituationen. Die „Sieben Schlüssel der Resilienz“ gaben viele Denkanstöße auch für das spätere Leben der Schülerinnen. Mit dem Bild des robusten „Löwenzahns“ gegenüber der empfindlichen „Orchidee“ ließ sich anschaulich die unterschiedliche psychische Widerstandskraft von uns Menschen darstellen, was den Schülerinnen in Erinnerung bleiben wird. Neugierig wurde ein ausgehändigter Fragebogen zu Hause bearbeitet, um die eigene Resilienz zu testen. Lächelnd berichtete eine Schülerin im anschließenden Unterricht: „Ich bin doch resilienter als gedacht!“

Mit einer einfachen Muschelübung lässt sich die Sichtweise auf scheinbar schlechte Tage positiv stärken: „Ich habe die Muschelübung nochmal gemacht. Sie hat mir am Ende des Tages tatsächlich etwas Glück gebracht“ so das Zitat einer Schülerin.

Insgesamt hat die Vortragsreihe viel Neues und Spannendes in unseren gemeinsamen Schulalltag gebracht. Die Schülerinnen haben vielfältiges Rüstzeug an die Hand bekommen, um nun eigene Projekte für das Otto-Hahn-Gymnasium zu starten. Gerade arbeitet das Seminar an einem „Erste-Hilfe-Paket gegen Prüfungsstress“, wofür sich viele Bausteine der Module verwenden lassen. Ziel ist es, die erlernten Elemente in den Schulalltag zu integrieren.

„Im Austausch mit Frau Seidel haben sich für meine Arbeit als Lehrerin viele neue Impulse ergeben“, so Oberstudienrätin Heike Schöpe, die das Biologie-Seminar leitet. „Gemeinsam entdeckten wir, dass es schon vielversprechende Forschungsergebnisse von Vera Kaltwasser zur Wirksamkeit von Achtsamkeitstraining in der Schule gibt. Die bis jetzt gesammelten Erfahrungen bestärken mich in meiner zukünftigen Arbeit am OHG, das Thema Achtsamkeit in der Schule weiterzuverfolgen.“

Hinter dem Begriff AISCHU verbirgt sich ein Netzwerk von Lehrern, die in Fortbildungen die Achtsamkeit als ein Erziehungsziel in den Schulen fest verankern wollen. Die Spuren der Pandemie in unserer Psyche werden nicht so schnell wieder verschwinden: Deshalb lohnt es sich, die positive Wirkung auf das Miteinander und das Wohlbefinden im Lebensraum Schule weiter zu verfolgen.