Erinnerung – Mahnung – Ansporn

Eröffnung der Ausstellung „VERGISSMEINNICHT“ am Otto-Hahn-Gymnasium

„Es ist geschehen und folglich kann es wieder geschehen. Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben.“ (Primo Levi): Dieses Zitat steht der Ausstellung „VERGISSMEINNICHT“ als Motto voran, die das Schicksal von 22 jüdischen Kindern und Jugendlichen aus den ehemaligen Landkreisen Haßfurt, Hofheim und Ebern während der Zeit des Nationalsozialismus dokumentiert. Auf jeweils einem Plakat wird ihr Lebensweg vorgestellt, viele kamen um, einige überlebten. Steht man vor den Plakaten, blickt einem ein junger Mensch direkt in die Augen, ernsthaft, konzentriert oder lächelnd. Neben dem Foto findet sich eine Karteikarte, auf der die wichtigsten Daten dieser zumeist sehr kurzen Leben verzeichnet sind. Mit wenigen Sätzen wird der Lebensweg der Kinder und Jugendlichen skizziert, endend zumeist in einem Vernichtungslager. Oft unterstreicht ein weiteres Bild, das die jungen Menschen in alltäglichen Situationen, z. B. mit ihren Freunden oder der Familie, zeigt, ihr schreckliches Los. Die Ausstellung löst bei jüngeren und älteren Besuchern tiefste Betroffenheit aus, hebt sie doch den Einzelnen aus der unüberschaubaren Masse von ca. 1,2 Mio. im Holocaust umgekommener Kinder heraus und ermöglicht  eine empathische Anteilnahme.

Am 3. 3. 2020 wurde die Ausstellung in Gegenwart von Gästen aus Kirche, Politik und Schulen in der Aula des Otto-Hahn-Gymnasiums eröffnet. Für eine festliche und würdige musikalische Umrahmung sorgten Solisten aus der Jahrgangsstufe 9 unter der Leitung von Studienrat Daubner. Im Rahmen einer kurzen Begrüßung nahm Studiendirektorin Schröttel Bezug auf Hendryk M. Broder, der Antisemitismus als Ressentiment einordnet, dessen Kern es sei, dass er dem Juden nicht sein Verhalten, sondern seine Existenz übelnehme. Diese Definition zeigt, dass es unabdingbar ist, dem Entstehen von Antisemitismus entschieden entgegenzuwirken, durch Aufklärung, Bildung, Werteerziehung. Dazu soll am OHG auch die Ausstellung „VERGISSMEINNICHT“ beitragen. Der Schulleiter Oberstudiendirektor Niedermeier betonte die emotionale Ergriffenheit, die durch die Ausstellung hervorgerufen werde. Ebenso machte er deutlich, dass jetzt, wo die Zeitzeugen langsam verstummten, es die Aufgabe der nachfolgenden Generationen sei, die Erinnerung an die Gräuel zu bewahren und denjenigen entgegenzutreten, die wieder Menschen einordnen wollen in solche, die mehr, und solche, die weniger wert seien. Denn das, was geschehen sei, dürfe, dies sei die Überzeugung der meisten Menschen, nie wieder geschehen.

Die Ausstellung ist das Ergebnis eines P-Seminars, das 2015/17 am Friedrich-Rückert-Gymnasium in Ebern stattfand. Der Leiter dieses P-Seminars, Studiendirektor Daniel Heß, war extra angereist, um die Entstehung und den Erfolg der Ausstellung vorzustellen. Seine sehr schülernah und offen gestalteten Ausführungen rahmte er mit den Worten „Erinnerung – Mahnung – Ansporn“ ein: Erinnerung an den Holocaust, Mahnung, dass so etwas nie wieder geschehen dürfe, Ansporn, den Anfängen aktiv entgegenzutreten. Heß berichtete davon, wie Frau Cordula Kappner, eine Archivarin, die Ausstellung anregte und ihre Genese begleitete,              wie Professor Fred Emil Katz aus Towson/Maryland/USA , einer der Überlebenden, deren Schicksal die Ausstellung dokumentiert, ihre Internationalisierung vorschlug, mit dem Ergebnis, dass sie ins Englische übersetzt wurde und nun durch Maryland und Carolina wandert. Doch damit nicht genug, die Ausstellung wurde ins Portugiesische übersetzt und im Parlamentsgebäude in Lissabon präsentiert. Schließlich wurde sie auch ins Hebräische übertragen und wird in verschiedenen israelischen Institutionen gezeigt. Neben diversen anderen Preisen wurde „VERGISSMEINNICHT“ mit dem Simon Snopkowski Preis 2018 ausgezeichnet, bei dessen Überreichung in der Münchner Residenz sich auch Bundespräsident a. D. Joachim Gauck von ihr beeindruckt zeigte.

Besonders hob Heß die Leistung der Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Seminars hervor, die sich nicht nur während der Arbeitsphase über die Maßen engagierten, sondern der Ausstellung weiter verbunden blieben und ihren Seminarleiter noch heute bei öffentlichen und digitalen Auftritten begleiten und unterstützen.

Die Ausstellung gastiert im März im Otto-Hahn-Gymnasium und kann nach Voranmeldung unter 09231/96240 besichtigt werden.